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Theologischer Hintergrund

In Deutschland hat die ökumenische „Aktion Kirche und Tiere“ im sogenannten Glauberger Bekenntnis (1988) bzw. in der „Berliner Erklärung“ (2002) eine Basis dafür geschaffen, den theologisch und spirituell wichtigen Zusammenhang zwischen christlicher Theologie und Tierschutz vertreten zu können. Wir können uns diesem Text inhaltlich in vielen Punkten weitgehend anschließen und möchten ihn hier als Denkanstoß und Diskussionsbasis wiedergeben:

Glauberger Bekenntnis

Wir bekennen vor Gott, dem Schöpfer der Tiere,
und vor unseren Mitmenschen:

Wir haben als Christinnen und Christen versagt,
weil wir in unserem Glauben die Tiere vergessen haben.

Wir waren als Theologinnen und Theologen nicht bereit,
lebensfeindlichen Tendenzen in Naturwissenschaft und Philosophie
die Theologie der Schöpfung entgegenzuhalten.

Wir haben den diakonischen Auftrag Jesu verraten
und unseren geringsten Brüdern, den Tieren, nicht gedient.

Wir hatten als Pfarrerinnen und Pfarrer Angst,
Tieren in unseren Kirchen und Gemeinden Raum zu geben.

Wir waren als Kirche taub
für das Seufzen der misshandelten und ausgebeuteten Kreatur.

Wir begründen das Glauberger Schuldbekenntnis theologisch.
Wir lesen die Aussagen der Bibel zur Schöpfung und Mitgeschöpflichkeit mit neuen Augen und neuem Interesse. Wir wissen, wie sehr wir ‚mitten drin‘ sind in der Natur, verbunden mit allem was lebt – und in gleicher Weise bedroht. Die Neuentdeckung der Schöpfungstheologie hat unseren Blick auch auf die Tiere gelenkt, unsere geringsten Brüder und Schwestern. Wir merken, dass wir ihnen als theologisch denkende und arbeitende Christen eine Umkehr schulden.

Wir begründen das Glauberger Schuldbekenntnis seelsorglich.
Seit Jahren erwarten viele Menschen, die im Tierschutz aktiv sind, von uns Pfarrern, dass wir uns für die Rechte der Tiere einsetzen. Enttäuscht haben sich viele von ihnen von der Kirche abgewandt, weil in Theologie, Diakonie und Gemeinde weder in Wort noch in Tat ein deutliches Zeugnis für die Tiere abgegeben wurde. Das Vertrauen dieser Menschen wiederzugewinnen, die Zeit, Geld, Kraft und zum Teil ihre Gesundheit für die Versöhnung mit den Tieren einsetzen, ist eine seelsorgliche Herausforderung für uns.

Wir begründen das Glauberger Schuldbekenntnis ökumenisch.
Wenn ‚oikumenos‘ den gesamten ‚bewohnten Erdkreis‘ bezeichnet, dann ist darüber hinaus auch der Zusammenhang alles Lebendigen gemeint. Katholiken und Protestanten haben hier eine gemeinsame Verantwortung und wir treten an sie alle heran mit der Bitte, die Sorge für die Tiere zu einem ökumenischen Anliegen zu machen.

Das Glauberger Schuldbekenntnis ist politisch begründet.
Die Kirche verfügt nicht über reale gesellschaftliche Macht, die sie gegen naturfeindliche Wirtschaftsverbände oder tierquälerische Produktionszweige einsetzen könnte. Wir erfahren aber immer wieder, dass die Kirche eine moralische Autorität hat, deren Zeugnis in Wort und Tat in die Gesellschaft hinein wirkt. Wenn wir als Theologen und Pfarrer uns nun zu einem politisch brisanten Thema in Form eines Schuldbekenntnisses äußern, dann hat das Signalwirkung: wir setzen ein Zeichen dafür, dass es bei jeder Veränderung zuallererst nicht aufs Machen ankommt, sondern auf das Eingeständnis der Schuld. Das gilt im Umgang mit den Tieren genauso wie für jede andere politische Veränderung. ‚Ohne Schuldbekenntnis ist Versöhnung nicht möglich‘ – das ist für uns ein politischer Glaubenssatz.

Berliner Erklärung

Aus der Erfahrung heraus, dass es – trotz wachsendem Bewusstsein zum Thema Mitgeschöpflichkeit – für viele TheologInnen nicht einfach ist, in das Glauberger Schuldbekenntnis einzustimmen, hat AKUT im Jahre 2002 mit der Berliner Erklärung ein Bekenntnis geschaffen, welches von jeder Pfarrgemeinde ohne zu zögern Zustimmung und Unterstützung finden sollte.

Die Welt ist nicht nur für die Menschen da,
sondern für alle Geschöpfe Gottes.
Jedes Geschöpf hat sein eigenes Lebensrecht.

Jede auch unscheinbarste Art ist in sich vollkommen
und hat ihre Bedeutung im Schöpfungsganzen.

Menschen und Tiere sind fühlende Wesen, mit Sinnen begabt,
fähig zu genießen und zu leiden.

Gott ist ein Freund des Lebens.
Wer Gott liebt und ehrt, der liebt und ehrt auch seine Geschöpfe.

Wir schulden den Tieren kein Mitleid,
sondern Gerechtigkeit.

Ich bin zu folgendem bereit:

  • Ich will mir Gottes Liebe und Barmherzigkeit zum Vorbild nehmen.
  • Ich werde für die Leidenden dieser Welt eintreten auch für die Tiere.
  • Ich meide Produkte aus Massentierhaltung.
  • Ich werde mich dafür einsetzen, dem Gedanken der Mitgeschöpflichkeit in meiner Kirche mehr Raum zu geben.